12.-19. August 2012. Ein Jahr vor dem Abitur findet die jährliche Campus-Akademie statt, nur in diesem Jahr zwei Mal. Denn jetzt kommt der erste Jahrgang, der an nordrheinwestfälischen Gymnasien nach acht regulären Schuljahren das Abitur machen wird, der sog. G8. Die Schülerinnen und Schüler werden in der Woche im Kardinal-Jaeger-Haus Erfahrungen machen, die sie sie sicher prägen werden. Im Folgenden berichten die jungen Leute über ihre Erfahrungen hier in der Schwerter Woche.
Besuch aus Jerusalem – Begegnung mit jüdischem Denken
Dienstag, 15 Uhr: Eigentlich sollten schon alle da sein. Da das Programm ein wenig geändert wurde (was aber keiner von uns wusste), war die Ankunft eher chaotisch und der Koffer wurde nur schnell im Zimmer abgestellt. Schließlich haben es dann aber doch alle zum ersten Treffen auf die Terrasse geschafft. In der Vorstellungsrunde, in der sich jeder mit einem persönlichen Andenken vorstellte, fiel die Anspannung von allen ab. Durch die individuellen Gegenstände, war die Atmosphäre sehr sympathisch und man kam schnell ins Gespräch.
Nach der Vorstellung ging es dann sofort weiter, weil uns ein ganz besonderer Gast erwartete: Prof. Eveline Goodman-Thau aus Jerusalem. Jeder Teilnehmer hatte sich im Vorfeld mit einem der Gäste für die kommende Woche beschäftigt, sodass wir in einem kurzen briefing etwas über die Professorin für jüdische Religions- und Geistesgeschichte erfuhren. Durch ihren persönlichen Hintergrund, der durch die Verfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus geprägt ist, wurde der Vortrag zu einem sehr persönlichen Austausch. Frau Goodman-Thau versuchte uns das Judentum und die Bedeutung der christlich-jüdischen Beziehung näher zu bringen. Trotz der vielen Gemeinsamkeiten verdeutlichte Goodman-Thau die Eigenständigkeit und Wertigkeit der Religionen. Ihre für uns ungewohnte Denkweise eröffnete viele neue Ansichten, war aber zugleich sehr anspruchsvoll. So wurden unsere Köpfe direkt am ersten Tag gut gefordert, was sich aber wirklich lohnte. Besonders positiv wirkten auf uns ihre moderne Vortragsweise und sehr überlegten Antworten auf unsere Fragen. Im Endeffekt haben wir zwar nicht den Vortrag gehört, der geplant war, aber dafür einen ganz individuellen und von uns mitbeeinflussten.
Anschließend mussten wir erst einmal richtig ankommen und hatten dabei auch die Gelegenheit uns besser kennen zu lernen und Kontakte zu knüpfen. Nach dem Abendessen trafen wir uns zur alltäglichen Abendrunde und tauschten die Eindrücke des ersten Tages aus. Jetzt sind wir gespannt auf die nächsten Tage und lassen den Abend ausklingen.
Den eigenen Fähigkeiten zu vertrauen
Für einige wenige unserer Gruppe fing der zweite Tag mit einer kleinen Joggingrunde zusammen mit Christian Laubhold am Morgen an. Alle nahmen anschließend an einem „Wort des Tages“ in der Kapelle teil. Es wurden einige Lieder gesungen, Texte vorgelesen und dieses ermöglichte einem somit einen guten Start in den Tag. Gutgelaunt ging der Tag
dann mit einem Vortrag von Marie-Luise Dött, MdB weiter. Sie ist umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU). Durch ihre offene und liebe Art überzeugte sie uns zuerst in ihren Vorträgen. Sie sprach über die politische Weltgestaltung aus christlicher Überzeugung und wie man die Gesellschaft allgemein gerecht gestalten kann. Der Maßstab für ein gerechtes Zusammenleben sei das christliche Menschenbild. Wie schon Emmanuel Kant im 18. Jahrhundert der Überzeugung war, dass die Würde des Menschen darin besteht, dass er eine Moral hat, sprach auch Dött von der Würde. Diese sei absolut und das christliche Menschenbild betone die Einzigartigkeit der Menschen. Die drei Prinzipien Personalität, Subsidiarität und Solidarität seien dabei sehr wichtig. Von diesem Thema aus kam sie zu dem Gleichnis von den Talenten. Bei diesem werden zwei verschiedene Möglichkeiten im Umgang mit Talenten beschrieben. Um die einzelne Entfaltung möglich zu machen, braucht es nach Dött Unterstützung von anderen, ein gutes Bildungssystem und eine individuelle Förderung. Somit formulierte Marie-Luise Dött allgemein zusammenfassend „Eine Gesellschaft ist gerecht, wenn sie den einzelnen ermutigt, den eigenen Fähigkeiten zu vertrauen.“ Später bei einer kleinen Diskussionsrunde konnte man schließlich aber bemerken, dass doch einiges an Meinungsverschiedenheiten bestand, zum Beispiel die Schuldenkrise Griechenlands. Dött ist der Überzeugung, dass Griechenland Teil der EU ist und man helfen müsse. Unsere Gruppe war jedoch der Meinung, dass Griechenland „mit falschen Karten gespielt“ habe und somit keine Unterstützung bekommen sollte.
Einige Fragen wurden weniger, andere mehr beantwortet. Trotzdem bedanken wir uns bei Marie-Luise Dött für den Meinungsaustausch und die aktive Diskussion.
Auf dem Weg zur Versöhnung. Ruanda 18 Jahren nach dem Genozid
„Furchtbare Verbrechen sind so sinnlos und irrational, dass sie nach kurzer Zeit vergessen sind. Der normale Verstand kann nichts damit anfangen. Er legt sie wieder ab, als seien sie nicht geschehen.“ (Elias Canetti)
Am Nachmittag des zweiten Tages der Campus Akademie blicken wir zurück in das Jahr 1994. Ein Jahr in dem so manch einer von uns noch gar nicht gelebt hat. Damals setzte die Volksgruppe der Hutu ihr Bestreben durch, sämtliche Angehörige der verfeindeten Volksgruppe der Tutsi auszurotten. Innerhalb von drei Monaten wurden 1.000.000 Tutsis auf brutale Art und Weise ermordet. Dabei sah die Internationale Gemeinschaft tatenlos zu. Die Folgen dieser Tragödie waren unzählige Vergewaltigungen, Waisen- und Straßenkinder, Obdachlose und eine massive Verarmung der Bevölkerung. Bis heute ist ein Großteil der Bevölkerung traumatisiert.
Anhand der Schilderungen von Emmanuel Rubagumya erfuhren wir von dem Genozid in Ruanda. Rubagumya ist Direktor der Caritas in der Diözese Kibungo im Osten des Landes. Die Diözese gliedert sich in 13 Pfarreien mit 400.000 Gläubigen. Als Direktor der Caritas koordiniert der Priester Projekte im Rahmen der Gesundheit, der Bekämpfung der Armut und der miserablen Versorgungssituation. Dies gestaltet sich aufgrund der finanziellen Situation des Bistums jedoch äußerst schwierig. Und die Folgen des Genozids vor 18 Jahren sind bis heute spürbar.
Rubagumya versucht mit Hilfe zahlreicher Projekte den Zusammenhalt und die Gemeinschaft zu fördern. Ein Weg dies zu erreichen, ist die Verwendung von sog. Mikrokrediten. Diese Kredite werden an Bedürftige vergeben, welche sich in Genossenschaften zusammenschließen und als Gemeinschaft das Geld verwenden, um beispielsweise Getreide anzubauen. Neben Integration wird gleichermaßen die Bekämpfung der Nahrungsmittelknappheit gefördert. Außerdem gibt es mehrere Fußballteams, welche von der Caritas im Bistum Kibungo unterstützt werden, in dieser spielen z.B. junge Moslems und Christen zusammen. Gerade die junge Generation soll so den respektvollen und verantwortungsbewussten Umgang mit ihren Mitmenschen erlernen. Damit wird ein wichtiger Beitrag zum Respekt vor anderen Menschen, Kulturen und Religionen geleistet.
Nachdem uns Rubagumya seine Eindrücke geschildert hatte, setzten wir uns mit Hilfe des Films „Gott und die Welt. Requiem für Ruanda.“ näher mit dem Völkermord auseinander. Der Film schildert in nüchterner und klarer Weise das Schicksal der ruandischen Bevölkerung. Die verwendeten Kommentare hinterlassen eine tiefen Eindruck und führen uns zu der Frage: „Wie kann so etwas geschehen?“
Auch ohne eine Beantwortung dieser Frage begreifen wir unser Glück, in Demokratie und Freiheit leben zu dürfen. Anstatt ausführlich darüber in der Gruppe zu diskutieren, zog sich jeder Einzelne in Stille zurück, um ganz individuell die Bilder zu verarbeiten. Die zuvor diskutierten Themen, wie die Euro- und Finanzkrise rücken in den Hintergrund und wirken geradezu sinnlos und banal.
Es ist schrecklich zu sehen, dass 18 Jahre nach diesem Massaker die Menschheit anscheinend immer noch nicht weiß, wie man Völkermorde verhindert. Für das syrische Volk kommt diese Einsicht allerdings zu spät.
Technologie und Medien
Dieser Tag fand erstmalig außerhalb der Akademie statt. Zunächst fuhren wir zum Fraunhoferinstitut für Materialfluss und Logistik auf dem Campus der TU Dortmund. Dort angekommen, wurden uns Daten dieses Instituts genannt, beispielsweise Mitarbeiterzahlen, Umsatz und einige der vergangenen und aktuellen Forschungsprojekte. Anschließend folgte eine Führung durch die verschiedenen Forschungsbereiche. Der Spaß kam durch einen Tip-Kick ähnlichen Torwart-Roboter nicht zu kurz. Des weiteren wurden uns Einblicke in laufende Tests mit Transpondern, zur Steuerung von Förderstraßen, und selbst-fahrenden Transportwagen gewährt. Die Fahrt mit der H-Bahn 21 und anschließendem Einblick in die Technik dieser, überbrückte die Zeit bis zur Mittagspause.
Frisch gestärkt ging es zum TechnologieZentrumDortmund. Durch einen Film und anschließender Präsentation wurden wir über diese Einrichtung informiert. Besonders beeindruckend waren dabei die verschiedenen Forschungseinrichtungen und deren Kooperation untereinander. So machten wir Bekanntschaft mit der Bio- und Nanotechnik. Doch damit war es noch lange nicht vorbei, denn es folgte eine ausgiebige Führung durch ein Musterbeispiel dieses Zentrums, welches einen innovativen Mechanismus im Bereich der Pharmazeutik darstellte. In diesem Beispiel wurde in besonderer Weise die Idee des TechnologieZentrumDortmund vermittelt, da es die Entstehung eines Unternehmens aus der vorausgegangenen Forschung verkörperte.
Den Abschluss des langen und erkenntnisreichen Tages in Dortmund bildete der Besuch des WDR Studios Dortmund. In einem ausführlichen Gespräch mit dem derzeitigen Leiter Gerald Baars wurde uns ein Einblick in die umfangreiche Welt der aktuellen Medien gegeben. Besonders die Fülle an Erfahrungen aus seinem Beruf konnte Baars uns eingehend näher bringen. So erläuterte er uns nicht nur seine „Pioniersarbeit“ beim Sender 1Live, sondern auch die Reporte in Krisensituationen. Baars arbeitete selbst an der Berichterstattung über die Geschehnisse des 11. Septembers 2001 und dem Attentat von Norwegen mit. Die dort miterlebten Szenen und Bilder werden nie in Vergessenheit geraten und stellen deshalb eine Prägung für sein Leben dar. „Ich wollte die Welt verbessern.“ Dies war das durchaus naive Motto zu Beginn seiner Journalistenlaufbahn. Doch auch aktuelle Themen, wie die Veränderung der Medien in Hinsicht auf das offene Internet waren Teil unseres intensiven Gespräches. Es war eine Bereicherung für uns mit einer Person im Dialog zu stehen, die derart aufgeschlossen über das Erlebte reden konnte und seine Einstellung gern an uns weiter getragen hat. Abgerundet wurde unser abwechslungsreicher Tag durch einen Studio,- sowie Regiebesuch bei der Lokalzeit Dortmund. Nach diesem langen Tag mit vielen verschiedenen Eindrücken rauchten nicht nur die Füße, sondern auch die Köpfe. Um alles noch einmal zu bündeln, tauschten wir unsere Erkenntnisse in einer Tagesabschluss-Runde miteinander aus. Viele waren dankbar, mal einen Blick hinter sonst verschlossene Türen werfen zu können, gerade für die, die sich mit den heute thematisierten Bereichen Technologie und Medien vorher kaum oder gar nicht auseinandergesetzt hatten.
Wir konnten ebenfalls feststellen, wie eng wir in der Gruppe zusammengewachsen sind. So kam es dem ein oder anderen vor, als wären wir schon zwei Wochen gemeinsam unterwegs. Besonders positiv fiel allen Teilnehmern auf, dass man sich mit jedem anderen schon wie selbstverständlich auch über komplexe Themen unterhalten kann. Unsere Interessen liegen meist auf einer Wellenlänge.
Urteil: 90 Tagessätze á 15 Euro, 1 Jahr auf Bewährung.
„Ursprünglich hatte ich überlegt, in Jeans und Hemd zu kommen. Ich habe mich aber dennoch für einen Anzug entschieden, weil ich dachte, dass das von mir anders erwartet würde.“ Ungefähr so begann der Vortrag des Gerichtspräsidenten des Detmolder Landgerichts Peter Clemen. Offen, unkonventionell und vor allem auf Augenhöhe mit seinem Publikum führte er uns Teilnehmer der Campus Akademie in die wichtigsten Prinzipien des Rechtsstaates und der Gerichtsbarkeit ein. Auch wenn bereits grundlegendes Wissen vorhanden war, erfuhren wir doch viel Neues und erhielten ganz neue Einblicke in die Arbeit von Judikative, Exekutive und Legislative. Mit einer Fülle an lebendigen und besonders lebensnahen Beispielen erläuterte Herr Clemen auch seine Arbeit im Bereich der Judikative. Geduldig und ernsthaft widmete er sich unseren Fragen, zögerte aber auch nicht, unser Wissen durch Rückfragen ebenfalls in den Vortrag mit einzubeziehen. Dadurch war unser Interesse von Anfang an geweckt. Entgegen des Klischees, Jura sei ein sehr trockenes Fach, stellte Herr Clemen uns dieses Fachgebiet auf eine überaus anschauliche und bewegte Weise vor, die zeigte, dass er sich mit Leib und Seele diesem Beruf verschrieben hat.
Nach dem Mittagessen gesellte sich Oberstaatsanwalt Bittner zu uns, der uns den Verfahrensvorgang einer Gerichtsverhandlung näherbrachte. Gemeinsam mit der Rechtsanwältin Scheuermann teilten uns Herr Clemen und Herr Bittner für das darauf folgende Rollenspiel in die fünf für einen Strafprozess relevanten Gruppen ein, – Richter, Angeklagter, Staatsanwalt, Strafverteidiger, Zeuge – um diesen einzeln ihre genauen Rollen im gespielten Prozess zu erläutern. Als Beispiel diente ein Fall von räuberischem Diebstahl und versuchter schwerer Körperverletzung, für den die einzelnen Gruppen ihre Aussagen, Anklagepunkte und Verteidigungsstrategien einstudieren sollten.
Die fünf Richter und sechs Zeugen wurden von Herrn Clemen in ihre Rollen eingeführt und im Vorfeld und auch während des am Nachmittag stattfindenden „Prozesses“ von ihm betreut, während sich Oberstaatsanwalt Bittner den drei angehenden Staatsanwälten zuwandte. Frau Scheuermann widmete sich den drei Angeklagten und deren drei Strafverteidigern.
Um 16 Uhr schließlich eröffnete Herr Clemen als „Justizbeamter“ die Strafverhandlung am Amtsgericht in der die Angeklagten „Maier, Schulz und Reich“ betreffenden Strafsache. In den darauffolgenden zwei Stunden wurde hitzig verhandelt, Zeugenbefragungen durchgeführt und vor allem gelacht, wobei sich jeder mit großem Eifer seiner Rolle verschrieben hatte. Auch die drei großen Vorbilder hatten ihren Spaß, ihren Schäfchen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Dabei zählte letztlich nicht unbedingt, wie erdrückend die Beweislast war, sondern wie kreativ die Zeugen in der Beschreibung des Tathergangs waren und besonders die Schlussplädoyers der „Staatsanwaltschaft“ und der drei „Strafverteidiger“ sorgten für große Heiterkeit. Und trotzdem ließ sich das Gericht nicht in seiner Urteilsfällung beirren und überraschte die Versammelten mit einem sehr ausgewogenen, zuweilen milden, Urteil.
Abschließend können wir sagen, dass wir an diesem Tag nicht nur viel Wichtiges über unser Rechtssystem gelernt haben, sondern vor allem viel Spaß hatten und die Rhetorik und Schauspielerei auch nicht zu kurz kamen. Urteil: 90 Tagessätze á 15 Euro, 1 Jahr auf Bewährung.
Karriereplanung versus gelebtes Evangelium?
„Wer Erfolg haben will, muss etwas zu bieten haben“ – das machte uns Dorothea Böhm von Anfang an klar. Sie als Psychologin und Karriereberaterin verkörperte direkt die Eigenschaften, die zum Erfolg führen. Zunächst forderte sie uns auf, unseren momentane Berufsvorstellung darzustellen. Jetzt sollten wir Leistungseigenschaften finden, die für diesen Beruf erforderlich zu sein scheinen, aber auch KO-Kriterien, die sich negativ
auswirken könnten. Schon hierbei legte sie großen Wert darauf, dass wir uns selbstbewusst und stark präsentierten. Durch ihre eigene Lebens- und Berufserfahrung, die sie immer wieder lebendig in ihren Vortrag einbrachte, stellte sie heraus, welche Aspekte einen guten, erfolgreichen und erfüllten Start ins Berufsleben ermöglichen. Allgemeinwissen in allen Bereichen, spezifisches Fachwissen, aber vor allem ein weites Netz von persönlichen Kontakten steht hierbei für sie im Mittelpunkt. Sie gab uns den Tipp, sich schon während des Studiums einen Mentor zur Begleitung zu suchen, aber auch spätestens im dritten Semester ein Tutorium anzubieten. Mit vielen aufrüttelnden Motivationen regte sie unsere Gedanken und Zukunftsvorstellungen an. Positive Beispiele ihrer Karriereberatung brachten auch uns dazu, an uns und unseren Erfolg zu glauben. Durch die Ermittlung der Leistungsanforderungen der Unternehmen, dem gewünschten Arbeits- und Kommunikationsverhalten des Einzelnen, dachten auch wir über unsere eigenen Stärken und Schwächen nach. Diese Einschätzung werden wir im Dezember bei der Potenzialanalyse ausbauen, um eine persönlich passende Berufsperspektive zu finden. Sich selbst zu kennen, ein Ziel zu haben und dabei nicht gleich aufzugeben, ist eine Einstellung, die auch wir auf unser Leben wirken lassen wollen.
„Das Evangelium kann man leben.“
Dies war die zentrale Aussage des Pastors Paul Stapel, dem zweiten Referenten des Tages. 15 Jahre in Brasilien bei sozialen Projekten tätig, besonders der „Fazenda de Esperanca“(dt.: „Hof der Hoffnung“), welche drogenabhängigen Jugendlichen einen Chance bietet ihrer Sucht zu entkommen, war vor allen Dingen sein reichhaltiger Erfahrungsschatz Inhalt seines Vortrags. Nach seiner Zeit in Brasilien ist er nun als
Priester tätig und betreut Fazenda-Projekte in Deutschland. Als Herr Stapel 1986 in Brasilien ankam, wo er eine Pfarrei mit 70.000 Gläubigen übernahm, begegnete er dort einem Kreis von obdachlosen Kindern und Jugendlichen, deren Lebensumstände ihm sehr zusetzten. Beim Umgang mit den Jugendlichen seiner Pfarrei erkannte er, dass viele von ihnen unter Suchtproblemen litten. Daraufhin gründete er wie sein Bruder Frei Hans Stapel eine „Fazenda de Esperanca“. Dort wird den Jugendlichen Arbeit und Unterkunft geboten. Dafür müssen sie sich jedoch an gewisse Regeln halten: Neben der absoluten Abstinenz von Alkohol, Zigaretten und Drogen sind auch Fernsehen und Internet nicht erlaubt und die Teilnahme am Gottesdienst ist Plicht. Die Dauer des Besuchs bei der Fazenda liegt bei 1 Jahr, wenn die Therapie nicht vorher abgebrochen wird. Diesem recht großen Zeitraum liegt zugrunde, dass die Droge häufig der einzige Lebensinhalt der Jugendlichen ist und dieses „Loch“ gefüllt werden muss. Etwa 80% der Teilnehmer an der Esperanza bleiben nachhaltig „clean“, bei konventionellen Therapien beträgt die Erfolgsquote hingegen nur ca. 20%. Über die Finanzen machte sich der Pastor dabei nie viele Sorgen, wie er uns wissen ließ. Dabei verlässt er sich auf göttliche Einflussnahme auf die einkommenden Spenden und sein Vertrauen wurde bisher auch bestätigt, was er uns an Beispielen vor Augen führte. Als ein Höhepunkt in der Geschichte der Fazenda, welche inzwischen über 80 Höfe weltweit umfasst, darf sicher der Besuch durch Papst Benedikt XVI. im Jahr 2007 gelten. Herr Stapel legte dar, dass er bei seinen Taten versuche, das Wort des Evangeliums zu leben und nicht nur zu lesen; dass er sich einfach von der Nächstenliebe leiten lasse. Allerdings müsse man die Liebe zu Menschen wie etwa Drogenabhängigen, die auf viele abstoßend wirken können, lange „trainieren“, bis man sie als selbstverständlich wahrnimmt und das Zugehen auf andere Menschen keine große Überwindung mehr bedeutet.