29. Dezember 2014

Ruanda

Nur ganz kurz hatte sie Angst. „Wenn ein Kind deinen Arm ableckt, weil es wissen will, ob die Farbe echt ist, das ist schon komisch.“ Laura Piotrowski ist gerade 20 und hat ihr Medizinstudium in Bochum begonnen. In Gashongora, im südwestlichen Ruanda, wurde die blonde junge Deutsche bestaunt wie ein Weltwunder. Mit acht weiteren Mitgliedern der Campus-Weggemeinschaft war sie hergekommen, um an einer Wasserleitung für Flüchtlinge aus Tansania mitzubauen. Viel mehr noch aber hat sie geholfen Vertrauen aufzubauen.

Zurück in Deutschland. Im Hörsaal der Katholischen Akademie in Schwerte berichtet Laura Piotrowski mit Jakob Farnung und Raphael Herbers vom Ruanda-Projekt der Campus-Weggemeinschaft. Von 130 Campus-Mitgliedern ist fast die Hälfte nach Schwerte angereist. Der Beamer wirft beeindruckende Bilder an die Wand – lachende Kinder in zerlumpten Kleidern, der Dorfälteste in einem zerschlissenen Trachtenanzug. Schlichte Zelte mit UN-Beschriftung, eine winzige Gesundheitsstation, staubige Pisten, die einfache Schule. Himmelschreiende Armut überall.

Mitglieder der Campus-Weggemeinschaft helfen Flüchtlingen in Ruanda

Die Frage musste kommen: Warum müssen sich junge deutsche Akademiker in Afrika Blasen in die Hände hacken und schaufeln? Von dem Geld für die neun Flüge Düsseldorf-Kigali und zurück hätte man die dringend nötige Wasserleitung, die völlig fehlenden Toiletten und noch viel mehr für Gashongora anschaffen können. Schlechtes Gewissen?

„Vielleicht hätte mit einer Geldspende kurzfristig etwas mehr erreicht werden können. Uns war es aber wichtig, selbst aktiv zu werden, um das Projekt auch an die Campus-Weggemeinschaft zu binden,“ erklärt Raphael Herbers aus dem Campus-Vorstand. Der Grundstein für das Ruanda-Projekt der Campus-Weggemeinschaft hätte von Deutschland aus aber auch nicht gelegt werden können: „Dazu mussten wir den Stein vor Ort ins Rollen bringen,“ argumentiert Jakob Farnung. „Unsere Mitarbeit hat dem Projekt Dynamik gegeben, denn nach unserer Ankunft nahm auch der Häuserbau, für den Mittel schon länger bereit lagen, Fahrt auf.“

Drei Wochen waren neben Piotrowski, Herbers und Farnung auch Patricia Stoll, Elena Weitekamp, Matthias Kröhing, Leonard Knegendorf, Benjamin Pakmor und Simon Kuberski in Ruanda. Der Direktor der Katholischen Akademie Schwerte Prälat Dr. Peter Klasvogt hat sie nur einige Tage begleitet, dann waren die jungen Leute im Alter von 19 bis 25 Jahren auf sich gestellt.

Die Hilfe ermöglichte erst die finanzielle Unterstützung der Georg Kraus Stiftung für internationale Entwicklungszusammenarbeit, die die Transportkosten für das Projekt förderten. Zudem wurde das Projekt von den weltweit tätigen Rotary Clubs unterstützt. In der Hauptstadt Kigali arbeitet Rotarier Thomas Konitzer. Er öffnete der Campus-Delegation vor Ort viele Türen und empfing sie nach der Ankunft in Kigali, der westlich geprägten Hauptstadt des 7-Millionen-Einwohner-Staates Ruanda in Zentralafrika. Dann ging es für die Deutschen zunächst in die Stadt Kibungo und anschließend in die Provinz nach Gashongora. Dort im Südwesten Ruandas holt die Menschen der grausame Genozid vor 20 Jahren wieder ein – als 1994 fast eine Million Menschen unter den Augen der Weltöffentlichkeit brutal ermordet wurde, flohen Hundertausende ins benachbarte Tansania. Von dort wurden Familien und Alleinstehende im letzten Jahr, zwei Jahrzehnte nach den Massakern, wieder ausgewiesen. Der Staat Ruanda siedelt die völlig mittellosen Heimkehrer, von denen die jüngeren nicht einmal mehr in Ruanda geboren wurden, nach Möglichkeit in ihren Ursprungsdörfern wieder an. Zum Beispiel in Gashongora. Für die Flüchtlingsfamilien werden dort eilig Häuser und die besagte Wasserleitung gebaut. „Über zwei Kilometer aus einem Tal hinauf auf ein Plateau musste gegraben werden,“ erzählt Jakob Farnung. Etwa 100 Tagelöhner und die neun Deutschen hatten die Trasse in drei Tagen fertig. Anfangs hatten die Arbeiter den Abazungu, den „Weißen“, ungläubig und skeptisch die Werkzeuge abgenommen. Dass die jungen Männer und Frauen sich der für sie ungewohnten Arbeit aber stellten und Seite an Seite mit den Tagelöhnern arbeiteten, das machte Eindruck und schaffte gegenseitigen Respekt.

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