Es war einmal ein Land

Es war einmal ein Land Israel, in dem man sich in der Vergangenheit bewegte, in der Gegenwart lebte und in die Zukunft blickte.

Als wir aus dem Flughafen raus ins israelische Leben eintauchten und uns auf den Weg nach Jerusalem machten, wurde uns bewusst, dass wir uns nun für die nächsten zwei Wochen in einem anderen Land mit einer völlig anderen Mentalität und Kultur befinden würden.

Dieser Eindruck verstärkte sich bei unserer Ankunft in Jerusalem:

Als wir abends durch die belebten Straßen der Altstadt wanderten, war es für uns besonders fremdartig und gleichzeitig faszinierend, dass die Menschen sich zu ihrer Religion offen bekennen und den Alltag in ihre Religion einbauen:

Direkt nach der Arbeit strömen Menschen allen Alters zur Klagemauer, um zu beten und ihre Gedanken zu sammeln.

Es ist schon eine einzigartige Atmosphäre, selbst an der Mauer zu stehen, sich zu besinnen und an der Mauer hochzuschauen, die ursprünglich die westliche Seite des ersten Tempels dargestellt hat.

Morgens, von Muezzin-Gesängen geweckt, begaben wir uns dann auf die Spuren Jesu zum Ölberg, wo wir unsere erste Messe im heiligen Land mit Blick auf Jerusalem feierten. Anschließend verbrachten wir noch etwas Zeit im Garten Gethsemane, welchen Jesus des Öfteren aufgesucht hatte, um zu beten, und bestaunten die vermeintlich 2000 Jahre alten Ölbäume.

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Bei unserem Gespräch mit Soeur Rose, eine der kleinen Schwestern Jesu, bekamen wir einen Einblick hinter die Kulissen des Lebens als Christin in Jerusalem.

Sie erzählte, dass sehr viele Menschen im Heiligen Land die Hoffnung an ein friedliches Zusammenleben aufgegeben hätten, dass man den Hass bereits in den Augen der Kinder sehen könne. Aber auf der anderen Seite herrsche ein unglaubliches Gemeinschaftsgefühl, man unterstütze sich gegenseitig und sei füreinander da. Man dürfe die Hoffnung nicht aufgeben und müsse ab und an auch das Schlechte runterschlucken, um das Gute nicht aus den Augen zu verlieren.

Nach dem Gespräch folgten wir dem Kreuzweg bis hin zur Grabeskirche, wo wir am Aschermittwoch einen Gottesdienst feierten.

Inmitten des turbulenten Stadttreibens fanden wir jedoch immer wieder Oasen der Ruhe wie z.B. im Garten des Benediktinerklosters, wo wir einander unsere Glaubens- und Lebensgeschichten erzählten.

Angeregt durch die Geschichten der anderen bot sich auf der Wüstenwanderung durch das Wadi Qelt die Gelegenheit, in Stille das eigene Leben zu betrachten und die Wüstenlandschaft auf sich wirken zu lassen.

Während wir in Jerusalem unglaublich viel aufzunehmen und zu verarbeiten hatten, war unsere Zeit am See Genezareth geprägt von der Gelassenheit in der Natur.

Auf unserer Fahrt durch die Minenfelder nach Tabgha machten wir Station am Fluss Jordan, dem Ort, wo Jesus getauft worden ist und wo ihm möglicherweise bewusst wurde, dass er der Sohn Gottes ist.

Vom Jordan aus ging es weiter nach Hippos, einer Stadt aus dem 2.Jahrhundert, die fast gänzlich erhalten geblieben ist. Dort fanden wir Überreste von christlichen Kirchen aus der damaligen Zeit.

In Kafarnaum tauchten wir noch tiefer in das Leben Jesu ein: Wir besuchten das Haus des Petrus ebenso wie den Tempel, in dem Jesus gelehrt hat. Ähnlich wie Jesus fuhren auch wir mit einem einfachen Holzboot auf den See hinaus, wo wir in der Bibel nachlasen, was sich am See zugetragen hatte.

Wir folgten der langjährigen Campustradition, einen Olivenbaum zu pflanzen, damit wir die Möglichkeit haben, jederzeit wiederzukommen.

Am See Genezareth feierten wir schließlich unsere Abschlussmesse.

Leider können wir nicht alles in Worte fassen, was wir erlebt haben, in dem Land Israel, in dem man sich in der Vergangenheit bewegt, in der Gegenwart lebt und in die Zukunft blickt.

Eines steht fest: Es wird noch lange dauern, alle Eindrücke zu verarbeiten, und erst im Laufe der Zeit wird uns bewusst werden, was für eine wundervolle Erfahrung wir machen durften.

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Text: Carolin Schlüter und Lisa Hoffmann

Fotos: Lena Sigfranz